UPDATE: Weiterer Artikel auf deutsch -> How to survive three days with Arovane?

An einem sonnigen Tag besuchte ich Uwe Zahn aka Arovane in seinem Studio in Zossen bei Berlin. Wie tranken Kaffee, hörten viel Musik und unterhielten uns.

ET: Mit dem Album Lilies aus dem Jahr 2001 hast Du dich als Arovane von der Szene verabschiedet. Goodbye forever schien damals allgegenwärtig. Was hat dich dazu bewegt, sich für die langjährige Pause und vor allem für das Comeback zu entscheiden?

UZ: Die lange Pause hatte verschiedene Gründe. Zum Einen war es meine Reaktion auf die Konsolidierungsphase in der Musikindustrie und zum Anderen waren es persönliche Gründe. Die Distanz zum Musikgeschäft hat mir als Künstler gut getan. Der Abstand hat Raum geschafft für neue Ideen. Dabei war es eben nicht ein Goodbye forever sondern ein Goodbye für eine bestimmte Zeit. Ich habe in der langen Zeit natürlich Musik produziert, wenn auch nicht in der Quantität, wie in den 2000’er Jahren. Dabei trat auch eine zweite Seite meiner Kreativität in den Vordergrund – Sound Design. Die Entscheidung stand fest: Ich werde diesen Bereich zu meinem Beruf machen. Dazu kam der Entschluss die Arbeit als Erzieher an den Nagel zu hängen und mich vollständig auf die Musik und das Sound Design zu konzentrieren.

ET: In gewissen Kreisen giltst Du als Legende und deine Musik trägt Handschrift. Man hört und weiss – Arovane. Wie entsteht deine Musik? Was inspiriert dich?

UZ: Die Arovane-Handschrift hat sich über Jahrzehnte entwickelt. Ich habe ein bestimmtes Klangbild entwickelt, eine Ästhetik mit Wiedererkennungswert. Die Ikonisierung meiner Persönlichkeit steht im Gegensatz zu meiner Kreativität und Wandlungsfähigkeit. Ich denke, dass es für ein künstlerisches Wirken sehr wichtig ist, Freiräume zu schaffen um sich zu entwickeln. Die Musik entsteht, neben gezielten Kompositionen, zum großen Teil aus Improvisationen im Studio. Diese Improvisationen gehen dann fliessend in fertige Musikstücke über. Inspiration kommt aus verschiednen Richtungen: Natur, Zufall, Leere, Chaos, Literatur, Mathematik und von meinen Instrumenten. Noch nie hatten Musiker so enorm viele technische Möglichkeiten Musik zu produzieren. Damit ist es momentan noch schwieriger, sich auf eine Idee zu konzentrieren und aus dem Universum, von Soft- und Hardware, die entscheidenden Elemente auszuwählen, um Musik zu verwirklichen.

ET: Seit mehreren Tagen stellst Du Tonschnipsel ins Netz. Was ist die Klingelnde Post auf Soundcloud?

UZ: Die Klingende Post oder Studio diaries sind Tonschnipsel der täglichen Arbeit im Studio. Momentaufnahmen. Das können Ausschnitte aus Musikstücken sein, an denen ich arbeite oder fertige Klänge für Produktionen. Die Reihe verdeutlicht die Bandbreite meiner Kunst. So kann der Zuhörer die musikalische Entwicklung mitverfolgen. Natürlich sind es keine fertigen Kompositionen, aber es sind kurze Einblicke ins musikalische Werk. Diese Klangtapete ist gleichzeitig das Portfolio. Hier können sich Interessenten aus der Film- und Spielindustrie, Sound Designer, Softwarehersteller und Musiker einen Eindruck über meine Klanggestaltungsfähigkeiten verschaffen.

ET: Du hast u.a. für Ableton, Zero-G und Twisted Tools Soundpacks kreiert. Wie beschreibst Du dich selbst: Musiker, Produzent, Live-Act oder Sound Designer?

UZ: Du hast schon alle Bereiche, in denen ich wirke aufgezählt. Ich bin Musiker, Live-Act, Produzent und Sound Designer. Im Grunde genommen noch viel mehr. Ich programmiere im Studio Klänge, ich beschäftige mich mit Musiktheorie, Syntheseformen, Komposition. Ich bin gleichzeitig Toningenieur, Manager, Fotograf usw.
Das füllt mein Leben komplett aus und macht mich glücklich. Ich kann in vielen Bereichen der Kunst wirken und mich weiterentwickeln.

ET: 1x Lieblings-Hardware? 1x Lieblings-Plug-in?

UZ: Schwierig hier eine Entscheidung zu treffen. Bei der Hardware schwanke ich zwischen dem Waldorf Q und Clavia’s Nord Modular G2. Im Bereich der Software ist es momentan Fabfilter’s Pro Q2 (High-End Equalizer) und Pro MB (Multiband Compressor-Expander). Alles mächtige, klangformende Werkzeuge.

Gegen Abend nahm ich den Zug zurück nach Berlin. Die Bahn streikte eigentlich. Uwe und ich warteten im Dämmerlicht am Bahnhof in Zossen. Der Nächste kam.

Photos by Dominik Grenzler

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